Dieser Artikel ist teils oder ganz in das Buch "Die Fitnah Dajjals" eingearbeitet.
Die Beschreibung Gottes als Tyrann, der keinen Ungehorsam duldet, wie es die Luziferianisten sehen, ist korrekt, WENN wir uns von Gott ein Bild machen, und ihn als Wesen ansehen, von dem wir substantiell verschieden sind. Warum sollten wir nicht frei über unser Schicksal bestimmen können, ohne Einmischung eines Despoten, der uns ständig mit der Hölle droht, wenn wir seine unzähligen Gebote nicht befolgen?
Wenn wir aber Gott als ,absolute Realität' oder ,Urgrund allen Seins' verstehen, stellt sich dieser "Despotismus" ganz anders da. Gott hauchte dem Menschen von Seinem Geist ein (as-Sajada 9), was bedeutet, dass eine Tat, die im Widerspruch mit Gottes Geboten steht, auch im Widerspruch mit unserer eigenen Natur steht. Etwas, was im Widerspruch mit absoluter Realität steht, steht im Widerspruch mit unserer eigenen wahren Realität. Somit erscheinen die ganzen religiösen Gesetze und Regelungen nicht als ein Drangsalieren des armen Menschen, sondern als sein Schutz, nämlich als Schutz davor, entgegen seiner wahren Natur zu handeln und dafür einen bitteren Preis zu zahlen.
Der Mensch kann nur entgegen seiner eigenen Natur handeln, weil Gott dem Menschen einen freien Willen gegeben hat und der Mensch von Satan verführt wurde, von der Frucht der Erkenntnis zu essen. Das Essen der Frucht der Erkenntnis schuf Polarität (symbolisiert durch das Erkennen des männlichen und weiblichen) und Opposition:
So verführte er sie durch Trug. Und als sie von dem Baum kosteten, wurde ihnen ihre Scham offenbar und sie begannen, sich mit den Blättern des Gartens zu bekleiden; und ihr Herr rief sie: "Habe Ich euch nicht diesen Baum verwehrt und euch gesagt: »Wahrlich, Satan ist euer offenkundiger Feind«?" Sie sagten: "Unser Herr, wir haben gegen uns selbst gesündigt; und wenn Du uns nicht verzeihst und Dich unser erbarmst, dann werden wir gewiss unter den Verlierern sein." Er sprach: "Hinab mit euch; die einen von euch seien der anderen Feinde. Und es sei euch auf der Erde (nur) ein Aufenthaltsort und eine Versorgung auf Zeit bestimmt." [al-Araf 22-24]
Der Urzustand ist der der Fitrah, in der jeder Mensch geboren wird. Mit zunehmender Reflektion, d.h. rationalem Denken basierend auf Polarität und Antagonismus, entfernt er sich von diesem Zustand. Der Mensch fängt sich selbst in einem mehrdimensionalen Spiegel und identifiziert sich mit dem Spiegelbild. Er schreibt dem Bild im Spiegel Realität zu und begeht dadurch Götzendienst, indem er etwas anderem absolute Realität zuspricht als Gott.
Von al-Halladsch stammt einer der bekanntesten Aussprüche eines Sufis: "ana al-Haqq". Dieser Ausspruch lautet übersetzt "Ich bin die Wahrheit", wobei Haqq nicht nur Wahrheit bedeutet, sondern auch einer der Namen Gottes ist. Somit kann man auch übersetzen: "Ich bin Gott". Neben anderen Sufis meinte Rumi, dass "ana al-Haqq" die konsequenteste Auslegung von der Einheit Gottes ist. Hätte al-Halladsch gesagt "Er ist Gott", dann hätte dies zwangsläufig zu einer Dualität geführt, da es dann nicht nur Gott, sondern auch einen zweiten gegeben hätte, nämlich al-Halladsch, der dies äußert.
Wo ist das Problem?
Solange man noch sagt "Ich", gibt es auch ein "Du". Deswegen war es nicht die konsequenteste Auslegung des reinen Monotheismus, sondern Blasphemie. Die konsequenteste Auslegung der Einheit Gottes ist das islamische Glaubensbekenntnis: "La ilaha illallah" - Es gibt keinen Gott außer Allah, d.h. nichts ist real außer der absoluten Realität.
Viele Menschen können nicht an den lieben Gott glauben, weil sie meinen, etwas Gutes kann unmöglich etwas Schlechtes erschaffen. Wie aber das Bild rechts veranschaulicht, hat die weiße Vase keinen Anteil an der Dunkelheit und den zwei Gesichtern, die sie "erschafft". Die zwei Gesichter sind an sich nur eine Illusion, erschaffen von unseren Sinnen, die Polarität wahrnehmen. Ähnlich verhält es sich auch mit der Schöpfung. Gott erschafft die Welt, hat aber keinen Anteil an ihr oder dem Bösen in ihr.
Dunkelheit hat keine absolute Realität, es ist eine Abwesenheit von Licht, genauso wie Grausamkeit ein Mangel an Gnade und Mitgefühl ist oder Unglaube ein Mangel an Glaube. Unser Problem ist nun, dass wir etwas für real erachten, das an sich keine absolute Realität besitzt. Folgen wir aber dem Schein, verführt es uns dazu, entgegen unserer wahren Natur zu handeln (der Fitrah) und führt uns schließlich zur Negation des Seins, die in der Existenz verbleibt, der Hölle!
Wenn die Hüllen der Welt von Zeit, Raum und Form hinweggezogen werden, ist die Seele dazu aufgefordert, die Substanz seiner Realität zu konfrontieren. Gleichheit und essentielle Konformität mit dieser Substanz bei dieser Konfrontation ist, was Religionen, Errettung' nennen. Das Fehlen einer adäquaten Konformität zu dieser Substanz, das Fehlen der Qualitäten und Gleichgewicht des Seins mit dem man konfrontiert ist, das Fehlen zum Beispiel von Gutsein, Aufrichtigkeit, Demut (menschliche Entsprechungen der heiligen Qualitäten von Gnade, Wahrheit und Majestät), ruft das Gegenteil. Die Hölle ist nicht die Rache eines grausamen Gottes, sondern die Konsequenz der Natur von Realität. Gott kann alle Sünden vergeben außer einer: Verneinung seiner Realität, das ist, nichts ist absolut real außer Ihm. [Cyril Glassé, The Concise Encyclopedia of Islam]
Wir "sündigen", weil wir von einer Illusion genarrt werden und das als real betrachten, was in Wirklichkeit keine wirkliche Substanz hat. Diese Illusion wird nun durch Cyberspace erneut gespiegelt.
Einheit
Allmacht und Allwissenheit
(göttliche Attribute)
gespiegelt ->
Polarität
Ohnmacht und Unwissenheit
(menschliche Attribute)
gespiegelt ->
Einheit
Allmacht und Allwissenheit
(transhumanistische Attribute)
Wenn wir ein Bild im Spiegel nochmals spiegeln, sieht es jetzt wieder richtig herum aus, also nicht mehr spiegelverkehrt. Da es trotz dessen nur ein Spiegelbild ist, hat es nach wie vor keine wahre Realität. Dennoch zeigt uns dieses Bild einen Glimps von dem, was wahre Realität bedeutet.
Die Spiegel werden zerbrechen (auch wenn Transhumanisten und Anhänger Luzifers von etwas anderem träumen):
Das Gleichnis des irdischen Lebens ist nur wie das Wasser, das Wir aus den Wolken herabsenden; damit vermischen sich dann die Gewächse der Erde, wovon Mensch und Vieh sich nähren, bis zu ihr - wenn die Erde ihren Prunk angelegt und sich schön geschmückt hat und ihre Bewohner glauben, sie hätten Macht über sie - Unser Befehl in der Nacht oder am Tage kommt und Wir sie zu einem niedergemähten Acker machen, als wäre sie nicht am Tage zuvor gediehen. Also machen Wir die Zeichen für die Leute klar, die nachdenken. Und Allah lädt ein zum Haus des Friedens und leitet, wen Er will, zum geraden Weg. [Yunus 24-25]
Der gerade Weg entspricht unserer wahren Natur. Wenn wir uns im diesseitigen Leben von diesem Weg abgewendet haben, müssen wir uns bei der Rückkehr zu Gott und unserer wahren Natur unseren Sünden stellen. Wir müssen einen Reinigungsprozess durchlaufen, der uns zu unserem wahren Selbst zurückbringt bzw. "richtet". Dieser Reinigungsprozess ist überaus schmerzhaft und schrecklich, symbolisiert durch den Jüngsten Tag und der Überquerung von Sirat, der Brücke, die über den Abgrund der Hölle führt, dem Abgrund der Negation der eigenen Existenz. Ohne Reinigungsprozess ist es unmöglich, Sirat zu überqueren. Die Brücke symbolisiert den perfekten geraden Weg, dünner als ein Haar und schärfer als ein Schwert. Auf ihr zu gehen bedeutet, zum Ende der Zeit und zurück zur wahren Existenz zu kommen.
Der Reinigungsprozess beinhaltet nichts anderes, als das wir unsere Taten im Lichte der Wahrheit sehen und uns ihnen stellen müssen. Schaffen wir es nicht, uns dieser Wahrheit zu stellen und fliehen, resultiert das in einem ,Umdrehen' und Abwenden von der Wahrheit, oder Verneinung wahren Seins, und wir treten somit in die Negation des Seins ein, die Hölle.
Aber nein. Es ist wahrlich eine Feuerflamme, die die Kopfhaut gänzlich wegbrennt. Den wird sie rufen, der (Mir) den Rücken kehrt und sich (von Mir) abwendet und (Reichtum) aufhäuft und hortet. [al-Ma'arij 16-18]
Allah gibt uns direkt ein Beispiel von der falschen Weise Dinge zu betrachten in dem obigen Vers: Logik und unser rationaler Verstand sagen uns, dass wenn wir spenden, wir weniger haben. Die Wahrheit ist aber, dass wenn wir auf Allahs Weg spenden, wir mehr haben.
Die Hölle ist also nicht die Rache eines despotischen Gottes, sondern eine völlig logische Konsequenz unseres eigenen Handelns. Wer sich in dieser Welt von der Wahrheit abwendet, wird sich auch im Jenseits von der Wahrheit abwenden. Ohne den Glauben an eine Realität jenseits unserer Welt, jenseits des Spiegels, und der Anerkennung Gottes als einzig wahre Realität und Urgrund des Seins, was im Islam als "Es gibt keinen Gott außer Allah" ausgedrückt wird, gibt es keine Hoffnung auf Rettung. Der gerade Weg folgt dem Beispiel Muhammads s.a.w. "Und Muhammad ist der Gesandte Gottes".
"Wahrlich, der beste unter euch ist der Gottesfürchtige." Nicht, weil man Angst vor einem Tyrannen und Despoten hat, sondern weil man weiß, dass ein Nichtbefolgen von Gottes Geboten einem Entfernen von der eigenen wahren Natur gleichkommt, was zwangsläufig "gerichtet" werden muss, weil wir wieder zur absoluten Realität zurückkehren müssen. Der Gottesfürchtige wird deswegen nicht eine Illusion der Realität vorziehen, und für einen temporären imaginären Genuss den Genuss des wahren ewigen Daseins billig verkaufen, weil er weiß, dass ein Spiegelbild wertlos ist.
Der Gläubige versucht, sein ganzes Leben zum Gottesdienst werden zu lassen, wozu er ja erschaffen wurde und was somit seine wahre Natur ist. Er will ein Abd Allah werden, ein Sklave Allahs, der seinen eigenen Willen zugunsten des Willens des Herrn aufgibt. Er gibt sich Gott hin (Muslime - "die sich Gott ergeben") anstatt den Neigungen und Begierden zu folgen, die ihm vom Spiegel einsuggeriert werden. Gott zu dienen bedeutet, völlig im Einklang mit der eigenen Natur zu handeln, und damit nicht nur Gott, sondern vor allem sich selber zu dienen:
Was immer ihr an Gutem spendet, das ist für euch selbst. [al-Baqarah 272]
Genauso richtet sich das Schlechte gegen uns selbst. Gott braucht weder unsere guten Taten, noch können wir Ihn mit unseren schlechten Taten etwas antun.
O ihr Menschen, eure Gewalttat richtet sich nur gegen euch selbst. [Yunus 23]
Der Gläubige hofft, letztlich auf dem Wege Allahs zu sterben, was bedeutet, dass er bereits auf dem geraden Weg ist und im Einklang seiner wahren Natur stirbt und deswegen nicht (aus)gerichtet werden muss am Jüngsten Tag. In der Tat braucht der Märtyrer den Jüngsten Tag gar nicht zu erleben.
Sprich: "Wahrlich, mich hat mein Herr auf einen geraden Weg geleitet - zu dem rechten Glauben, dem Glauben Abrahams, des Aufrechten. Und er war keiner der Götzendiener." Sprich: "Mein Gebet und meine Opferung und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten. Er hat niemanden neben Sich. Und so ist es mir geboten worden, und ich bin der Erste der Gottergebenen." Sprich: "Sollte ich einen anderen Herrn als Allah suchen, wo Er doch der Herr aller Dinge ist?" Und keine Seele wirkt, es sei denn gegen sich selbst, und keine lasttragende (Seele) soll die Last einer anderen tragen. Zu eurem Herrn werdet ihr dann heimkehren, und Er wird euch über all das belehren, worüber ihr uneins wart. [Al-Anam 161-164]
Diejenigen auf dem rechten Weg bekennen Gott als ihren Herrn und folgen Seiner anstatt ihrem rationalen Verstand als Herrn zu nehmen. Die Überbringer von Inspiration sind Engel. Sie sind aus Licht gemacht, d.h. Inspirationen sind keine Reflektionen wie die des Verstandes. Der Eingebung folgen ist der einzige Weg zur Rettung, wie es der Koran öfters hervorhebt, der ja selber inspiriert wurde, nämlich durch den Engel Gabriel:
Sprich: "Ich warne euch nur mit der Eingebung." Jedoch die Tauben hören den Ruf nicht, wenn sie gewarnt werden. [al-Anbiya 45]
Und baue das Schiff unter Unserer Aufsicht und nach Unserer Eingebung ... [Hud 37]
Darauf gaben Wir Moses ein: "Schlage das Meer mit deinem Stock." [as-Suara 63]
Wir können den rechten Weg nicht finden außer mit Gottes Erlaubnis. Nur Er kann unser Führer sein, da wir erschaffenen Wesen keine Macht über irgendetwas haben, genauso wie das Bild im Spiegel nicht die Realität beeinflussen kann, von der es erzeugt wurde. Allah ist Allmächtig und Allmöglichkeit, während wir machtlos und vorherbestimmt sind.
Trotzdem braucht es unseren Willen geführt zu werden, damit wir geführt werden können. Aber genau dieser Wille wird nicht im Spiegel selbst geformt, wie der folgende Vers klar ausdrückt:
Wohin also wollt ihr gehen? Dies ist ja nur eine Ermahnung für alle Welten. Für denjenigen unter euch, der aufrichtig sein will. Und ihr werdet nicht wollen, es sei denn, dass Allah will, der Herr der Welten. [at-Takwir 26-29]
Dieser Vers ist für einen Verstandesmenschen nicht begreifbar. Auch kann er nicht verstehen, dass alles vorherbestimmt ist, dass wir aber trotzdem verantwortlich sind für unsere Taten, in der gleichen Weise, wie er nicht verstehen kann, dass Licht Strahl und Welle in einem ist. Der Verstand kann die Einheit der Gegensätze nicht begreifen. Aber unser Herz kann diese Wahrheit verstehen. Gott ist Einheit und transzendiert die Gegensätze.
Und das diesseitige Leben ist nichts anderes als ein trügerischer Stoff. [Al-Hadid 20]
Das Leben der Welt ist Täuschung, aber die Welt ist in Wahrheit geschaffen worden:
Haben sie sich denn über sich selbst keine Gedanken gemacht? Allah hat die Himmel und die Erde und das, was zwischen beiden ist, nur in Wahrheit und für eine bestimmte Frist geschaffen. Doch wahrlich, viele der Menschen glauben nicht an die Begegnung mit ihrem Herrn. [ar-Rum 8]
Himmel und Erde sind in der Wahrheit erschaffen. Die Täuschung ist unsere Wahrnehmung von ihr. Der Prophet s.a.w. sagte, diese Welt wäre ein Gefängnis für den Gläubigen. Aber eines Tages werden wir befreit und werden alle Bilder und Illusionen überkommen und schließlich absolute Realität erfahren.
Wahrlich, wir gehören Allah, und zu Ihm ist die Rückkehr. [al-Baqarah 156]
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Ideen, Ideale, Idole, Identität
Der ,moderne Mensch' folgt Ideen. Die Wurzel von Idee ist die gleiche wie die von Idol (Götze): ein menschengemachtes Bild. Dadurch, dass er Realität analysiert und Bilder erstellt, die er logisch verknüpft, verengt er sein eigenes Leben und verschließt sich der Reichtum und den Möglichkeiten des Lebens. Nur das, woran er glaubt, wird normalerweise letztlich Wirklichkeit.
Wenn Moses z.B. seinen rationalen Verstand benutzt hätte, hätte er wie seine Gefährten gesagt: "O nein. Pharao und seine Truppen sind direkt hinter uns und vor uns ist das Meer. Es ist unmöglich zu entkommen."
Aber Moses sah anders auf Realität:
Als die beiden Scharen einander ansichtig wurden, sagten die Gefährten Moses': "Wir werden sicher eingeholt." Er sagte: "Keineswegs. Mein Herr ist mit mir. Er wird mich hindurch führen." Darauf offenbarten Wir Moses: "Schlage das Meer mit deinem Stock." [as-Suara 61-62]
Gewiss, wenn er seinen rationalen Verstand gebraucht und folgerichtig deswegen verzweifelt hätte, hätte Allah ihm nie geholfen. Warum sollte Er? Wenn man bereits an die von dem eigenen Verstand gemachten Bilder und die eigenen Ideen glaubt, ihnen vertraut und sich ihnen hingibt, dann kann man unmöglich an Allah glauben, Ihm vertrauen und sich Ihm hingeben. Tatsache ist: Man betet Ideen / selbst-gemachte Bilder also Götzen an.
Und wer auf Allah vertraut - für den ist Er sein Genüge. [at-Talaq 3]
Glaube und Vertrauen in Gott zu haben ist aber eine Bedingung, um Seine Hilfe zu bekommen. Moses hat zuerst auf Allah vertraut und darauf die Inspiration bekommen.
Moses und Khidr
Durch Rationalität erfassen wir nicht das Wesen der Dinge. Allah beleuchtet dies unter anderem auch in Sure Al-Kahfi, in der wir bereits die Geschichte von Dhul Qarnain gelesen haben. Er erzählt die Geschichte von Moses und Khidr:
Und Moses sagte zu seinem jungen Diener: "Ich will nicht eher rasten, als bis ich den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht habe, und sollte ich jahrhundertelang wandern." Doch als sie den Zusammenfluss der beiden (Meere) erreicht hatten, da vergaßen sie ihren Fisch; und dieser nahm seinen Weg und schwamm ins Meer hinaus. Und als sie weitergegangen waren, sagte er zu seinem jungen Diener: "Bring uns unsere Speise. Wir haben wahrlich auf dieser unserer Reise große Anstrengungen auf uns genommen." Er sagte: "Hast du nicht gesehen, dass sich der Fisch da auf wundersame Weise ins Meer begab, als wir auf dem Felsen rasteten und ich ihn vergaß - und kein (anderer) als Satan ließ mich vergessen, ihn zu erwähnen?" Er sagte: "Das ist es, was wir wollten." Da kehrten sie beide um und schritten auf ihren Spuren zurück. Dann fanden sie einen Unserer Diener, dem Wir Unsere Barmherzigkeit verliehen und den Wir Unser Wissen gelehrt hatten. Moses sagte zu ihm: "Darf ich dir folgen, auf dass du mich über das rechte Handeln belehrest, wie du gelehrt worden bist?" Er sagte: "Du vermagst nimmer bei mir in Geduld auszuharren. Und wie könntest du bei Dingen geduldig sein, von denen dir keine Kunde gegeben worden ist?" Er sagte: "Du wirst mich, so Allah will, geduldig finden, und ich werde gegen keinen deiner Befehle ungehorsam sein." Er sagte: "Nun gut. Wenn du mir folgen willst, so frage mich nach nichts, bis ich es dir von selbst erkläre." So machten sich beide auf den Weg, bis sie in ein Schiff stiegen, in das er ein Loch schlug. Er (Moses) sagte: "Schlugst du ein Loch hinein, um seine Mannschaft zu ertränken? Wahrlich, du hast etwas Schreckliches begangen." Er sagte: "Habe ich nicht gesagt, du würdest es nimmer fertigbringen, bei mir in Geduld auszuharren?" Er (Moses) sagte: "Stelle mich nicht meines Vergessens wegen zur Rede, und sei deswegen nicht streng mit mir." So zogen sie weiter, bis sie einen Jüngling trafen, den er erschlug. Er (Moses) sagte: "Hast du einen unschuldigen Menschen erschlagen, ohne dass (er) einen anderen (erschlagen hätte)? Wahrlich, du hast etwas Verabscheuliches getan." Er sagte: "Habe ich dir nicht gesagt, du würdest es nimmer fertigbringen, bei mir in Geduld auszuharren?" Er (Moses) sagte: "Wenn ich dich nochmal nach etwas frage, so begleite mich nicht weiter; von mir aus wärst du dann entschuldigt." So zogen sie weiter, bis sie bei den Bewohnern einer Stadt ankamen und von ihnen Gastfreundschaft erbaten; diese aber weigerten sich, sie zu bewirten. Nun fanden sie dort eine Mauer, die einzustürzen drohte, und er richtete sie auf. Er (Moses) sagte: "Wenn du es gewollt hättest, hättest du einen Arbeitslohn dafür erhalten können." Er sagte: "Dies führt zur Trennung zwischen mir und dir. Doch will ich dir die Bedeutung von dem sagen, was du nicht in Geduld zu ertragen vermochtest. Was das Schiff anbelangt, so gehörte es armen Leuten, die auf dem Meer arbeiteten, und ich wollte es beschädigen; denn hinter ihnen war ein König, der jedes Schiff beschlagnahmte. Und was den Jüngling anbelangt, so waren seine Eltern Gläubige, und wir fürchteten, er könnte Schmach durch Widersetzlichkeit und Unglauben über sie bringen. So wollten wir, dass ihr Herr ihnen zum Tausch (ein Kind) gebe, das redlicher als dieses und anhänglicher wäre. Und was nun die Mauer anbelangt, so gehörte sie zwei Waisenknaben in der Stadt, und darunter lag ein Schatz für sie (verborgen), und ihr Vater war ein rechtschaffener Mann gewesen; so wünschte dein Herr, dass sie ihre Volljährigkeit erreichen und ihren Schatz heben mögen - als eine Barmherzigkeit deines Herrn; und ich tat es nicht aus eigenem Ermessen. Das ist die Bedeutung dessen, was du nicht in Geduld zu ertragen vermochtest."
Moses hielt sich für den gelehrtesten Menschen, bis Allah ihm kundtat, dass es jemanden gäbe, dem Er mehr Wissen bzw. anderes Wissen gegeben hatte.
Die drei Ereignisse können nur korrekt interpretiert werden, wenn man von Allah inspiriert wird und die richtige Vision hat. Dieses intuitive Wissen kann man aber nicht ,beherrschen', es entzieht sich dem Machtbereich des Menschen. Es wird nur dem zuteil, den Allah erwählt, es zu empfangen.
Wer z.B. nicht fühlen oder "sehen" kann, dass ein LKW ein Monster ist, dem kann man nicht helfen. Wer den ganzen Krach, die Hektik und den Stress um einen herum als normal empfindet, und nicht versteht, dass dies ein Weg ist, der in die Verdammnis führt, den kann man nicht rechtleiten. Wer sich auf sein vermeintliches Wissen verlässt, auf sein Geld, seine Arbeit, sozialen Status und auf den Reichtum, den er angehäuft hat, der kann sich unmöglich auf Gott verlassen und Seine Führung annehmen.
Rationales Wissen ist statisch. Es bringt tote Sachen hervor, die oft wiederum Zerstörung verursachen. Intuitives Wissen dagegen ist im Einklang mit dem Schöpfer und der Schöpfung und bringt Leben hervor. Khidr bedeutet übersetzt Grün. Aus dem Hadith wissen wir, dass als Moses sich Khidr (Mr. Green) näherte, er in grüne Gefilde kam; es grünte mitten in einer sonst wüstenhaften Gegend.
Allah hatte Khidr aber nicht nur intuitives Wissen gegeben, sondern auch Rahma, was Güte und Mitgefühl bedeutet. Nur jemand, der Rahma hat, kann wahrhaft Gottes Leitung empfangen und ihr gemäß handeln.
Niemand von uns kann natürlich nur auf seine Intuition bauen. Wir müssen auch rational denken und handeln, vor allem, solange wir noch mit der "modernen Gesellschaft" zu tun haben. Der Koran fordert uns sogar auf, unsere Vernunft zu benutzen, um seine göttliche Herkunft zu erkennen:
Sie machen sich keine Gedanken über den Qur'an. Wäre er von einem anderen als Allah, so würden sie darin gewiss viel Widerspruch finden. [An-Nisa 82]
Aber die Wahrnehmung von Realität durch den Verstand muss sich der Wahrnehmung der Realität durch das Herz unterordnen.
Leider haben die meisten Muslime ihre Religion, die eigentlich auf Offenbarung, also Inspiration aufbaut, rationalisiert und ritualisiert. Gott wird dabei zu einem Erbsenzähler degradiert, der die guten Taten des Gläubigen zählt wie ein Krämer seine Taler. Sie bitten Gott zwar um Leitung im Gebet, suchen dann aber gar nicht nach Gottes Leitung in ihrem Leben sondern handeln ,rational'. Im Prinzip unterscheidet sich ihr Leben, trotz der durchgeführten Rituale, nicht besonders von dem eines Ungläubigen.