Das Abkommen zwischen Iman 'Ali
und den Christen
aus
dem Persischen übersetzt von Thomas Ogger
Quelle: Spektrum Iran 14 (2001) 4, 13-18
Vorwort der Herausgeberin Shahnaz Mohammad-Khani

Original Vertragstext
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Der
Beginn des dritten Jahrtausends nach der Geburt Christi - der
Friede sei mit ihm - sowie der Jahresbeginn des Dialogs zwischen
den Kulturen, aber auch die Umsetzung der Ziele des Institutes
für Kunst und Kultur im Hinblick auf die Wiederzugänglichmachung
von Dokumenten und Handschriften, die den Islam und die alte Geschichte
unseres Landes betreffen, wobei die Öffentlichkeit mit historischen
religiösen Texten bekannt gemacht werden soll, waren Anlass
für mich, dieses Buch aus der Handschriftenrolle des Vertragswerkes
zwischen dem Herrscher der Gläubigen 'All ibn Abi Tälib
(der Friede sei mit ihm) und den Christen zusammenzustellen. Dieses
Abkommen wurde im Kloster von Hizqil Dfl-Kafal (der Friede sei
mit ihm), einem der Wallfahrtsorte von Kufa, im Jahre 40 A. H.
aufgesetzt.
Dieses Vertragswerk wird im Museum des Cehel-Sotün-Palastes
zu Isfahan aufbewahrt, und zwar in Form einer Rolle von 6,87 m
Länge und 35,5 cm Breite aus Tierhaut mit sehr hübscher
und gut leserlicher Küfi-Schrift. Unter jeder Zeile wird
derselbe Text in Nash-Schrift mit leichter Tult-Tendenz wiederholt.
Darunter wiederum befindet sich die türkische Übersetzung
des arabischen Textes, die wahrscheinlich zur Zeit der Safaviden
in Täbris erstellt wurde. Am Ende der Rolle sind Namen von
Personen aufgelistet, die die Niederschrift bezeugt haben; und
außerdem befinden sich am Rand verschiedene handschriftliche
Bemerkungen von Gelehrten der islamischen Geschichte sowie von
staatlichen Würdenträgem unterschiedlicher Epochen mit
Siegel und Unterschrift, die sich auf die Eigenschaft der Zeit
der Korrektur usw. beziehen.
Das
vorliegende Buch präsentiert den Text des Vertragswerkes
und das Wesentliche in persischer und englischer Übersetzung.
Zum Schluss gilt mein hochachtungsvoller Dank Herrn Seyyed Ahmad
Mohit Tabätabät, dem zuständigen Direktor im Bereich
Bildung inner- halb der Organisation für Kulturerbe, für
seine freundliche und selbstlose Mitarbeit sowie den Verantwortlichen
untergeordneter Abteilungen, aber auch allen Freunden, die mir
bei der Arbeit an diesem Buch zur Seite standen.
Der Vertragstext
Dieser Vertrag wurde im Kloster des Hizqil Di'1-Kafal (Friede
sei mit ihm) aufgesetzt.
Eine Gruppe von christlichen Gelehrten sowie frommen und freundschaftlich
gesonnenen Leuten, wie 'Äqib, As-Sayyid, 'Abd al-Yasü',
Ibn al-Hagan, der Mönch Ibrahim, der Bischof 'Isä und
vierzig christlichen Persönlichkeiten und Leuten, die dem
Abkommen Beachtung erwiesen, vom Recht Kenntnis besitzen, mir
zugetan waren, die Verpflichtungen mir gegenüber einhielten
und meine Rechtsprechung beachteten sowie meinen Gesandten an
den Grenzen Freundlichkeit erwiesen, zählen zu den Leuten,
denen Sicherheit, Freundschaft, Loyalität und die Vereinbarungen,
die ich mit den Muslimen in Ost und West geschlossen habe, Verpflichtung
ist. Solange ich lebe wie auch über meinen Tod hinaus bis
zum Tage der Auferstehung und solange die Religion des Islam beständig
ist und die Einladung zum Glauben sichtbar nach außen getragen
wird, soll dieses Abkommen alle Statthalter und Herrscher wie
auch die übrigen Muslime auf ewig binden. Es ist niemandem
erlaubt, diesen Vertrag zu brechen, ihm etwas hinzuzufügen
oder etwas auszulassen, denn das Hinzufügen ist wie eine
Schramme an meinem Vertragswerk und das Auslassen macht meine
Absichten zunichte. Deshalb wäre eine Änderung an diesem
Abkommen ein Verbrechen, als ob ich einen Vertrag mit mir selbst
geschlossen hätte. Wer sich von meinen Anhängern gegen
mich stellt, bricht den Vertrag Gottes und wendet sich von dem
Befehl Gottes des Erhabenen ab, sodass Gott seinen Schaden und
Nachteil rechtfertigen wird. As-Sayyid, der Bischof und die anderen
christlichen Persönlichkeiten wünschten von mir, dass
dieses Schriftstück allen Christen ein Vertrag und ein Abkommen
sei. Aufgrund dieser Übereinkunft wird allen Christen, die
innerhalb des islamischen Reiches leben, Sicherheit gewährleistet.
Dieser Vertrag ist ausreichend und für die Ewigkeit gedacht,
damit sie der Vereinbarung, die ich mit ihnen getroffen habe,
Loyalität erweisen. Und mit zufriedenem Sinn bringe ich ihren
Bitten Wohlwollen entgegen und vollbringe so die Arbeit zu ihrem
Gefallen. Von mir sowie von den Muslimen darf ihnen keine Kränkung
widerfahren, und dieses Abkommen soll vollzogen und als schriftliche
Sicherheitsgarantie von der Bevölkerung geachtet werden,
und alle Muslime sollen danach handeln und die Gläubigen
daran gebunden sein. Für das Verfassen dieses Schriftstückes
habe ich hochgestellte muslimische Persönlichkeiten und meine
besten Gefährten versammelt und für die Christen Bedingungen
gesetzt, die auch für die späteren Generationen gelten
werden.
Sollte jemand, ob Herrscher oder nicht, diesen Vertrag nicht einhalten,
ist der Statthalter verpflichtet, meinen Befehl bei diesem durchzusetzen,
damit er dem Vertrag gegenüber Loyalität erweise und
gemäß dem Abkommen handle. Und die Verantwortlichen
sollen ihm den Schutz entziehen. In dem Abkommen, das ich geschlossen
habe, steht, dass niemand, der gegen den Vertrag und die Muslime
eingestellt ist, einen Vorwand finden darf, und die Muslime müssen
meinem Vertrag den Christen gegenüber vollkommen entsprechen,
die Christen ihm gegenüber loyal sein, meine Gefährten
einen freundlichen Umgang mit jenen pflegen und beim Wohlergehen
jener als Lohn teilhaben.
Und wer diesem Vertrag Wohlwollen entgegenbringt, ist mein Helfer
und Gefährte auf dem Wege der Einladung zum Islam sowie die
Ursache des Zorns und der Hinwegnahme der Zweifler und Lügner.
Ebenso möge er kein Vorwand der Christen sein gegenüber
demjenigen, der den Islam angenommen hat. Dieses Abkommen lädt
zu guten und edlen Werken ein, untersagt das Übel und befiehlt
die Befolgung von Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit. Zu diesem
ersten Zweck habe ich meine eigene Verpflichtung an den Anfang
gestellt, und dieses haben die Christen von mir und allen meinen
Anhängern gewünscht. Deshalb rufe ich den Vertrag und
den Bund mit Gott, alle Propheten und das Siegel der Gesandten
darauf als Zeugen an, und auf dieser Grundlage ist ihr Schutz
und ihre Bewahrung vor jedem Bösen für mich verpflichtend
und ebenso, dass ihnen kein Leid widerfahre, es sei denn, mir
und meinen Gefährten, die die Verteidiger des Islams sind,
widerfährt Kränkung von ihnen, und dass ich das Entgelt,
das die Krieg führenden Christen zu zahlen haben, erlasse.
Aber kein einziger Christ darf dem gegenüber Abscheu und
Zwang haben, und ebenso darf niemand einen Bischof vom Schofsein,
einen Christen vom Christsein, einen Pilger von der Pilgerschaft
und keinen Reisenden von seinem Reiseweg abbringen. Außerdem
darf niemand ihre Gebäude und Häuser zerstören,
und die Muslime dürfen zum Bau ihrer Moscheen von deren Gebäuden
und Klöstern nichts benutzen sowie das Glockenläuten
nicht stilllegen.
Dies ist ein öffentliches Schreiben und eine Anweisung dafür,
was zu tun ist. Ich lade diejenigen, die dem Islam folgen, zu
diesem Abkommen ein. Jeder, der diesen Vertrag verletzt, verdient
Missachtung und Verfluchung, ob Herrscher oder nicht oder ob er
Muslim und gläubig sei oder nicht. Ich gestatte nicht, dass
irgendein Christ gezwungen würde, den Islam anzunehmen. Man
muss die Christen unter die Fittiche der Barmherzigkeit und Zuneigung
nehmen und die Übel von ihnen und von überall da, wo
sie sind, vertreiben. Die Christen haben das Recht, die Kosten
ihrer Gotteshäuser, die Renovierungen ihrer Klöster
sowie Einsiedeleien und das, was ihre Überzeugungen und ihre
Religion erfordern, sicherzustellen; und die Pflicht der Muslime
ist es, ihr Leben und ihren Besitz zu schützen und ihnen
zu Hilfe zu sein. Die Hilfe der Muslime ist bei der Gestaltung
christlicher Angelegenheiten in Verantwortung ihnen gegenüber
nicht als Pflicht, sondern als Schenkung zu betrachten. 'Ali,
Fürst der Gläubigen, 'Ali ibn Abi Talib (Friede sei
mit ihm) hat für Schutz und Beachtung dieses Abkommens bis
zum Tag der Auferstehung und zum Ende der diesseitigen zu sorgen.
Dieses Vertragswerk wurde von Husäm bin 'Utbah Abi Waq- qäs
in Anwesenheit von 'Ali ibn Abi Tälib (Friede sei mit ihm)
niedergeschrieben und im Kloster des Hizqil Di'l-Kafal (Friede
sei mit ihm) im Monat Safar des 40. Jahres nach der Higra festgesetzt.
Und Preis sei Gott dem Erhabenen.