Dieser Artikel ist teils oder ganz in das Buch "Die Fitnah Dajjals" eingearbeitet.
Die Macht des rationalen Verstandes wird uns jeden Tag eindrucksvoll vor Augen geführt, denn die gesamte moderne Technik basiert auf ihm. Dass der technische Fortschritt mit der Zerstörung des Planeten einhergeht, wird allerdings nicht der Rationalität angelastet, sondern ganz im Gegenteil: das was eigentliche Ursache der Krankheit ist, wird als die einzige mögliche Medizin angesehen.
Durch unser jetziges Erziehungssystem und die Gesellschaft als solche, wird diese Wahrnehmung von Realität so eingetrichtert und zementiert, dass die Menschen, bis vielleicht auf ein paar psychodelische Drogen schluckende Freaks, Künstler und zankende Ehefrauen, sich nicht mal mehr vorstellen können, dass man „Realität“ auch anders sehen kann als durch eine rationale Brille.
Man hört heutzutage sogar viele Muslime sagen, Islam wäre völlig rational. Nun, diese erstaunliche Feststellung resultiert daher, dass Aussagen des Koran z.B. nicht gegen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse verstoßen oder auch, dass zwischenmenschliche Probleme nach gesundem Menschenverstand gelöst werden. Aber rational ist Islam sicherlich nicht.
Islam baut auf Offenbarung auf, nicht auf Reflektionen des menschlichen Verstandes. Der Vermittler, der diese Offenbarungen überbrachte, ist aus Licht gemacht: der Erzengel Gabriel. Engel können nicht ungehorsam sein. Sie bringen uns Erkenntnis direkt von der Wahrheit, der einzigen absoluten Realität: Allah. Dagegen sind die durch Reflektionen des Verstandes erstandene Bilder niemals eins mit der wahren Realität, so fest wir das auch glauben und als ‚wissenschaftlich erwiesen' ansehen. Tun wir dies, und sprechen den vom Verstand erschaffenen Bilder absolute Realität zu, begehen wir die gleiche Sünde, die all die Völker vorher uns zu begehen pflegten: Wir beten tote, selbstgemachte Bilder an, ja, wir begehen Götzendienst. Die Wurzel von Idee ist die gleiche wie die von Idol (Götze): ein menschengemachtes Bild.
Wenn man jemanden sein Foto oder sein Bild im Spiegel zeigt und ihn fragt „Wer ist das?“, werden 99% der Leute antworten: ‚Das bin ich." Natürlich sind wir es nicht, sondern nur unser Bild im Spiegel, was ein großer Unterschied ist. Ein Mensch hat Essenz und Substanz, das Bild dagegen nicht, auch wenn es existiert. Genauso hat die Welt an sich keine Essenz oder Realität im absoluten Sinn, wie der Koran herausstellt:
Und das irdische Leben ist nichts als ein trügerischer Genuss. [Ali Imran 185]
Die Welt ist nur ein Bild, produziert von unseren Sinnen und unserem Gehirn, dann verarbeitet von Verstand, Intellekt und „Herz“. Da die Welt wie wir sie wahrnehmen eine Illusion ist, folgt daraus, dass „Wahrheit" in dieser Welt niemals eine absolute Wahrheit ist (was allein Allah ist), sondern nur ein Hinweis in eine bestimmte Richtung.
Wenn man einen Wissenschaftler nach Realität fragt, wird er zugeben müssen, dass Wissenschaft nur Konzepte und Modelle von Realität hat. Das Modell z.B. von Elektronen, die in Form kleiner Bälle um das Proton schwirren, ist nicht „die Realität". Trotzdem sind Bilder von Realität wie dieses so wirkungsvoll, dass nahezu die gesamte Technologie auf ihnen aufgebaut ist. Diese Modelle werden als real angesehen, weil „sie funktionieren". Und sie funktionieren „immer", das nennt sich ein wissenschaftlicher Beweis. Jedermann muss in der Tat zugeben, dass es eine große Leistung ist, dass basierend auf solchen Modellen ein Flugzeug fliegen kann, aber das gibt niemanden das Recht „Realität" oder „die Wahrheit" zu vereinnahmen.
Die derzeitige Menschheit ist so fasziniert, dass sie nicht sieht, dass es die auf rationalem Denken basierende Technik es ist, die den Planeten zerstört. Die einzige Möglichkeit zur Behebung der Probleme sieht die Menschheit deswegen auch wiederum nur in rationalen Konzepten wie Umweltschutz, und will somit quasi den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Die Menschheit wird nicht Buße tun und sich wieder Gott hingeben, allein deswegen nicht, weil sie gar nicht mehr weiß, was das bedeutet, und wie man „Realität“ geistig verarbeiten kann, ohne menschengemachte Bilder logisch zu verknüpfen.
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Auf rationaler Planung basierende Strukturen. |
Gewachsene 'organische' Strukturen einer Stadt. |
Der Glanz des rationalen Denkens wird sogar von Muslimen bewundert, die oft meinen, Wissen im allgemeinen stehe in hoher Anerkennung im Islam und seine Sucher würden belohnt. Wegen der zweiseitigen Bedeutung des Wortes ‚ilm' im Arabischen, haben manche Leute ständig „offenbartes“ Wissen mit empirischem Wissen durcheinander gebracht. Sie nehmen zum Beispiel den Koranvers über Eisen als Beweis, dass der technische Fortschritt quasi gottgewollt ist:
Wahrlich, Wir schickten Unsere Gesandten mit klaren Beweisen und sandten mit ihnen das Buch und die Waagewerte herab, auf dass die Menschen Gerechtigkeit üben mögen. Und Wir offenbarten das Eisen. In ihm ist starke Gewalt und Nutzen für die Menschen, damit Allah kennt, wer Ihm und Seinen Gesandten im Verborgenen hilft. Gewiss, Allah ist Stark und Allmächtig. [al-Hadid 25]
Wir sehen aber, dass in diesem Vers die „Offenbarung“ oder das „Herabsenden“ von Eisen in einem Atemzug mit den Propheten und dem offenbarten Buch genannt wird. Denn das Wissen um Eisen fußt nicht auf rationalem Wissen. Die frühen Menschen konnten unmöglich aus rationalen Überlegungen heraus wissen, wie man Eisen macht, sondern irgendein „Zufall“ bzw. „Eingebung“ hat es ihnen offenbart. Daher kommt ja auch das Wort „Erfindung“: man findet etwas, bekommt eine Eingebung, man wird inspiriert; und auch das Wort Zufall: was einem zufällt.
Manche Gelehrte sprechen vom Goldenen Zeitalter des Islam, als es in jeder Stadt öffentliche Bibliotheken und Bäder gab, und die Gesellschaft solch einen Gipfel an Kultur und Wissenschaft erlangte, dass sie Europa, das immer noch in seinem dunklen Mittelalter lag, Jahrhunderte voraus war. Alle moderne Wissenschaft würde auf dem Wissen der Muslime von damals aufbauen. Da ist sicherlich etwas dran, wenn auch dabei geflissentlich die Rolle anderer Völker wie der Griechen in der Entwicklung „moderner“ Denkweise übersehen wird. Doch sehen wir uns folgende Berichte an:
Die große Bibliothek von Bagdad, die zahllose wertvolle historische Dokumente und Bücher enthielt von Fächern, die von Medizin bis Astronomie reichten, wurde zerstört. Überlebende erzählten, dass das Wasser des Tigris schwarz geworden wäre von der enormen Menge an Büchern, die in den Fluss geworfen wurden, und rot von den getöteten Wissenschaftlern und Philosophen.
All das Wissen dieses so genannten goldenen Zeitalters wurde den Tigris heruntergewaschen und half den Muslimen nicht, sich gegen eine Horde Barbaren zu verteidigen, die aus den zentralasiatischen Steppen kamen. Diese Mongolen wuschen sich noch nicht einmal. Sie nahmen nur ein Bad bei Geburt und während Regens. Wie konnten sie die Muslime besiegen, die kulturell und wissenschaftlich so fortgeschritten waren und dazu auch noch zahlenmäßig überlegen?
Die einzige logische Antwort ist, dass es in Wirklichkeit nicht das goldene Zeitalter des Islam war, und dass all dieses Wissen den Muslimen so wenig diente, wie all die wissenschaftlichen Errungenschaften dem Westens helfen wird, der zukünftigen Zerstörung zu entgehen.
Wahrer Glaube offenbart sich, wenn man am Hungern ist und zahlenmäßig unterlegen, und niemand einen einzigen Cent auf einen Sieg wetten würde, aber man vertraut auf Allah, und Er ist es, der den Feind besiegt. Wenn man aber auf etwas anderes vertraut als Ihn, so wie die Muslime auf ihre zahlenmäßige Überlegenheit bei der Schlacht von Hunayn vertrauten, belohnt Er einen mit einer schamvollen Niederlage. Heutzutage sammelt sich wieder das Wissen in unseren Universitäten, aber das Verständnis von „ilm“ scheint verloren gegangen zu sein.
Man frage jemanden, der an al-Azhar studiert hat, warum eine Kettensäge so einen bösen Krach macht, wenn sie durch Bäume sägt. Er wird einen wahrscheinlich angucken, so als ob er nicht sicher wäre, ob man sich einen Spaß mit ihm erlaubt, und sagen: „Bruder, ich bin ein Gelehrter islamischer Wissenschaft und habe mit Kettensägen nichts zu tun. Sei so nett und frage jemanden anders." Er wird die Frage einfach nicht verstehen, weil Kettensägen nicht in seinen Fiqh und Tafsir Büchern auftauchen.
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spiegelverkehrte Schrift spiegelverkehrtes Wahrnehmen |
"Und, was sollen wir tun? Aufhören zu denken?" werden jetzt Leute fragen.
Die Schlussfolgerung, dass rationales Denken der Grund für das Dilemma ist, und dass wir es deswegen abstellen müssen, wäre ja auch wieder rational (selbst wenn wir dazu in der Lage wären).
Rationales Denken ist uns von unserem Schöpfer gegeben worden. Wir dürfen es benutzen, mit Vorsicht! Wir sollten aber verstehen, dass die von der Ratio generierten Bilder nicht die Realität sind, sondern wie ein Bild im Spiegel. Demzufolge darf der Verstand nicht unser Meister sein oder die Richtschnur für unser Handeln, da wir sonst sehr wohl in genau die entgegengesetzte Richtung laufen könnten, in die wir eigentlich gehen wollen.
Nur Gott kann uns sagen, was wir zu tun haben. Folglich müssen wir uns an den Sinn unserer Schöpfung erinnern. Islam behauptet, dass wir einzig dazu erschaffen sind, um Gott zu dienen:
Sprich: "Mein Gebet und meine Opferung und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten." [Al-Anam 162]
Wahrlich, in der Schöpfung der Himmel und der Erde und in dem Wechsel der Nacht und des Tages, liegen wahre Zeichen für die Verständigen, die Allahs gedenken im Stehen und im Sitzen und (Liegen) auf ihren Seiten und über die Schöpfung der Himmel und der Erde nachdenken (und sagen): „Unser Herr, Du hast dieses nicht umsonst erschaffen. Gepriesen seist Du, darum hüte uns vor der Strafe des Feuers. [Ali Imran 190, 191]
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Es gibt verschiedene Weisen, sich „Realität" zu betrachten, und deswegen auch verschiedene Arten von Wissen. Nehmen wir Wasser als ein Beispiel. Man kann sich Wasser betrachten wie in dem Verse oben beschrieben, „über die Schöpfung der Himmel und der Erde nachdenken“:
Spüre wie sich Wasser anfühlt, wenn es die Haut berührt, wie erfrischend es sein kann. Horche, was es für einen Ton macht, wenn es als Regen vom Himmel fällt, oder als Wasserfall, oder als Welle, die sich am Strand bricht. Wie Wasser Dreck hinweg spült, wie es den Durst löscht, wie es Wolken formt und einen Regenbogen zeigt, wenn die Sonne darauf scheint. Wieviel Spaß es Kindern bringt, wenn sie in ihm plantschen oder wenn sie einen Schneemann bauen; seine Heilkraft; wie es ein trockenes Land wiederbelebt und allen Kreaturen Leben spendet; die Schönheit eines Waldbaches und das einer Winterlandschaft; der aufsteigende Morgennebel im Herbst. Seine zerstörerische Kraft als Flut oder Tsunami; die meditative Stille eines Sees oder die Schönheit des Meeres ... und am Ende wird man sagen: Alles Lob gehört Gott, der es erschaffen hat! Als ob Gott nahezu alle Seine herrlichen Attribute in dieses eine Element allein geworfen hatte!
Der Mensch erkennt diese Attribute mit lubb, ein Wort, dass ‚Kern' oder ‚Samen' beinhaltet, und in erster Linie eine intuitive anstatt einer verstandesmäßigen Wahrnehmung meint. Der daraus folgende Zustand ist Iman (sichere Überzeugung). Man erfährt Wahrheit und erfasst sie nicht nur rational.
Wenn wir uns Wasser in einer „wissenschaftlich-rationalen" Weise anschauen, sehen wir, dass es H2O ist; zwei Wasserstoff-Atome sind mit einem Sauerstoff-Atom verbunden. Das ist eine ganz andere Wahrnehmung. Es ist ein totes Bild, das die Essenz und das Wunder von Wasser nicht erfasst und zu dem wir keine persönliche Beziehung haben. Tatsächlich ist es gar nicht, was wir „wahr“-nehmen, es ist ein Konzept von Realität, an das die Leute glauben, obwohl sie eigentlich wissen, dass dies eben nicht „die Realität“ ist.
Diese Art von Wissen ist eine Reflektion des Verstandes. Man schaue sich die Früchte dieser Art von Wissen an: die Maschinen und Elektronik, der Gestank, der Krach; modernes Leben basierend auf rationalem, logischem Denken; Leben basierend auf so genannter ‚Vernunft'; Leben basierend auf menschengemachten Bildern! Es verspricht Fortschritt und modernen Lebensstil, aber in Wirklichkeit ist es ein Alptraum.
Man vergleiche ein Pferd und ein Motorrad als Transportmittel:
Das Pferd bietet nur begrenzte Kraft und Kontrolle. Nur gut trainierte Pferde können eine 120km Distanz laufen, und auch nicht ständig mit Höchstgeschwindigkeit. Ein Pferd ist in einem bestimmten Sinne „unberechenbar“. Es kann scheuen, ausrutschen oder „unartig“ sein, und wenn ein erfahrener Reiter fällt, ist es fast immer, weil das Pferd „nicht richtig funktioniert hat“. Sein Abfall ist Dünger; die Töne, die es erzeugt, wohltuend; es ist warm und hat Charakter; es ist schön.
Das Motorrad bietet Kraft und Kontrolle. Es kann hunderte und sogar tausende Kilometer mit Höchstgeschwindigkeit fahren, man muss nur ab und zu etwas Benzin oder Öl nachfüllen. Wenn man einen Unfall hat, ist es fast ausschließlich menschliches Versagen, fast niemals Versagen der Maschine. Seine Abgase sind giftiger Qualm, es produziert einen nervenden, bösen Krach, es ist kalt und unpersönlich.
Kraft, Macht und Kontrolle scheinen einen Preis zu haben. Rationale Konzepte verführen uns mit einem Versprechen von Macht und Kontrolle. Und es war Satan, der genau dies versprach: Esst vom Baum der Erkenntnis und ihr werdet sein wie Gott. Er versprach Macht und Kontrolle.
Durch Erreichen von auf Bildern basierendem Wissen kann der Mensch seine eigenen Welten erschaffen, seine eigene Identität und sein eigenes Schicksal. Er ist kein Sklave mehr eines tyrannischen Gottes, der ihn in einer miserablen Lage erschafft, wo er auf Gottes „Humor“ angewiesen ist, der ihm jederzeit eine ekelige Krankheit, einen Autounfall oder Bankrott auferlegen kann; wo er mehrmals am Tag auf Toilette muss und am Ende nach schwerer Agonie von Würmern zerfressen dahin faulen wird.
Mit Satans Hilfe kann diese Tyrannei von Gott überwunden werden. Der Mensch nimmt nun sein Schicksal selbst in die Hand und erschafft sich und die Welt neu. Die von dem Tyrannen Gott erschaffene Welt wird durch eine vom Menschen selbst erschaffene ersetzt.